Zu Gast bei Dorli Muhr
Agenturchefin, erfolgreiche Winzerin (als erste Österreicherin schaffte sie es mit ihrem Weingut unter die 100 besten der Welt!) und leidenschaftliche Gastgeberin: Wer am Tisch von Dorli Muhr Platz nimmt, den erwarten nicht nur genussvolle Stunden, sondern auch interessante und inspirierende Geschichten. Einige davon hat sie beim GUSTO-Gastgeber-Talk preisgegeben.
Die unbändige Leidenschaft für Wein wurde Dorli Muhr von ihrer Großmutter in die Wiege gelegt, ebenso das Durchhaltevermögen, jahrzehntelang eine renommierte Agentur zu leiten un nebenher nicht nur ein Weingut zu nationalem und internationalem Erfolg zu führen, sondern auch noch eine Weinregion zu etablieren. Mit der Oma fing alles an: Katharina Muhr bekam zu ihrer Hochzeit 1918 einen 0,17 Hektar kleinen Weingarten in Prellenkirchen am Spitzerberg geschenkt. Rund um diesen erwarb ihre Enkelin ab 2002 Stück für Stück Weingärten mit besonders alten Blaufränkisch Reben und fokussierte sich auf eine konstante Qualitätssteigerung. Mit Erfolg: Nicht nur Muhrs Rotweine, sondern auch der Spitzerberg an sich erlangten große Bekannt- und Beliebtheit. Seit diesem Jahr wird das Weingut vom US-Magazin „Wine & Spirits“ zu den 100 besten Winerys der Welt gezählt. Wir haben uns gefragt, wie wohl eine Einladung bei Dorli Muhr aussieht und im Detail nachgefragt.
Fragen und Antworten
Welches Gericht haben Sie am häufigsten in Ihrem Leben gekocht?
Wahrscheinlich Topfen-Haluschka, weil es eines der Lieblingsgerichte meiner Tochter und schnelles Soulfood mit wenigen Zutaten ist. Gebratener Speck macht einfach alles gut, dazu nur noch Topfen und Fleckerl. Mehr braucht es nicht.
Für welche Speise sind Sie bei Familie und Freunden berühmt?
Bei Familienfesten muss ich immer eine große Menge meines Schokoladekuchens machen (siehe Rezept unten). Der ist meist schon weggegessen, bevor das eigentliche Dessert kommt. Manche Freunde rufen gar schon vor Einladungen an, um sicher zu gehen, dass es den Kuchen eh sicher geben wird.
Welches war das erste Gericht, das Sie gekocht haben?
Das war ein Blutsterz, da war ich etwa sieben Jahre alt. Ich weiß, das klingt für Menschen, die nicht wie ich als Bauerntochter aufgewachsen sind, schrecklich. Aber am Hof hat das Schlachten dazugehört, und ich habe schon als Kind gelernt, dass man von Tieren alles verwertet. Ich hatte stets einen sehr natürlichen Zugang zum Fleischessen und nie eine Abscheu. Ich habe etwa mit meinem Onkel Brät abgeschmeckt, Grammeln gemacht und von klein auf Hirn geliebt. Das habe ich sogar als Stärkung ins Schwimmbad mitgenommen! Ich genieße Fleisch mit Maß und Ziel, und es ist mir wichtig zu wissen, wo es herkommt. Ich habe deshalb ehrlicherweise noch nie Fleisch im Supermarkt gekauft.
Welches Gewürz ist Ihr persönlicher Liebling?
Eindeutig Muskatnuss! Der Duft, der Geschmack ... Manchmal sehne ich mich so sehr danach, dass ich extra deswegen Erdäpfelpüree mache.
Welche Zutat ist Ihre Geheimwaffe im Vorratsschrank?
Das ist der Ziegentopfen meiner Nachbarin Elisabeth Brandl am Fuße des Spitzerbergs, der ist einfach großartig! Ich habe ein Abo für fünf Gläser pro Woche. Mit ihm lassen sich die köstlichsten Sachen machen. Man kann ihn auch ganz simpel auf ein paar Kräutern mit Salz, Pfeffer und Olivenöl servieren.
Ein Trick, den beim Kochen alle kennen sollten.
Salz und Zitrone als letzter Schliff eines Gerichts. Die beiden heben alles, auch Kreationen mit schwerem Umami, in die Höhe. Ich verwende bei der Zitrone Saft und Zesten, beim Salz am liebsten Fleur de Sel, dessen zarte Plättchen die ideale Konsistenz haben. Wobei wohl langsam, wenn man an den Mikroplastikwahnsinn in den Weltmeeren denkt, Bergkristallsalz die bessere Wahl wäre.
Sie haben Gäste und um Mitternacht bekommen alle nochmal Hunger: Was tun Sie?
Wahrscheinlich greife ich zu den köstlichen Eiern, die die Weidehühner meiner Neffen legen, und mache eine riesige Eierspeis mit Grammeln obendrauf. Das ist aber nicht um Mitternacht, sondern noch etwas später.
Wann war eine Einladung für Sie gelungen?
Wenn wir lange nach dem letzten Gang immer noch sitzen, reden und diskutieren. Und ich am nächsten Morgen denke: „Gestern bin ich ein bissl gescheiter geworden.“
Was macht eine Einladung bei Ihnen besonders?
Es gibt immer viele verschiedene Weine zum Essen, und viele unterschiedliche Gäste sitzen am Tisch. Üblicherweise kennen die meisten einander nicht. Mir ist lieber, wenn man bei mir neue Menschen kennenlernt und die persönliche Bubble größer wird. Wenn ich die Gesellschaft richtig ausgewählt habe, sind hinterher alle dankbar dafür.
Was ist ein guter und was ein schlechter Gast?
Ein schlechter Gast kommt zu spät und hat dauernd Extrawünsche. Ein guter Gast hilft beim Service und ist umsichtig. Man muss sich das so vorstellen: Ich mache ja alles alleine. Ich bereite alles vor, öffne die Flaschen, moderiere, stehe in der Küche. Wenn ich mit einem Gericht fertig bin, klatsche ich in die Hände und sage, „So, du bringst jetzt bitte die Teller rein.“ Da viele meiner Gäste aus der selben Branche sind, ist das aber oft gar nicht notwendig, die helfen automatisch.
Wie sagt man Gästen, dass es Zeit ist zu gehen?
„Liebe Leute, ich muss jetzt ins Bett. Und ihr bitte auch.“
Wie sieht eine Weinbegleitung bei Ihnen aus?
Ich serviere relativ viele Rotweine, aber solche, die eher elegant und fein sind und durchaus auch zu Fisch oder Gemüse passen. In jedem Fall suche ich eher gereifte Weine aus, die passen besser zum Essen als junge. Wobei man sagen muss, dass der Zugang bei mir ein anderer ist. Ich mag dieses zwanghafte „Welcher Wein zu welchem Gericht“ gar nicht. Ich gehe das Ganze so an, dass ich mich frage, was schon lange im Weinkeller ist und ich gerne anbieten würde. Ich fange also mit der Weinauswahl an. Dann schaue ich auf den Markt und finde heraus, was es gerade gibt und essenstechnisch gut passt.
Gibt es eine Allrounder-Weinsorte, die immer geht?
Selbstverständlich: Blaufränkisch. In der Art, wie ich ihn ausbaue, ist er nicht zu wuchtig und hat eher seidige anstatt herber Tannine. Er ist in sich sehr gut balanciert und ein ausgezeichneter Begleiter zu allem von Fisch bis hellem Fleisch. Er passt sogar zu Weißschimmelkäse, der sich mit vielen Rotweinen wie Seife am Gaumen anfühlt.
Haben Sie einen Kühlschrank für Getränke?
Auf dem Weingut natürlich. In meiner Wiener Wohnung ist bei größeren Einladungen der Kühlschrank schon mit Vorspeisen oder ähnlichem voll. Da helfe ich mir dann mit Kühlboxen. Darin lasse ich die Flaschen geöffnet stehen. Mit Kühlpacks kann ich die richtige Temperatur gut steuern.
Mit Wein kochen: Was muss man beachten?
Ich habe immer einige angebrochene Flaschen und koche daher oft Schmorgerichte mit viel Wein. Der Wein, der dazu serviert wird, darf kein zu leichtes Pflänzchen sein.
Weine als Gastgeschenk: Worauf achten Sie als Gast?
Ich bringe in erster Linie einen Wein von mir mit. Da muss ich dann beachten, ob die beschenkte Person einen guten Keller hat, in dem ein noch junger Wein reifen kann. Falls nicht, schenke ich einen bereits gereiften Wein, den man gleich trinken kann.
Eine geschenkte Flasche Wein, die man nicht mag, weiterschenken: Finden Sie das in Ordnung?
Selbstverständlich! Wein soll ja Freude bereiten und nicht irgendwo versauern. Wenn es jemanden gibt, der sich darüber freut: unbedingt weitergeben.
Wen hätten Sie gerne als Gast an Ihrem Tisch?
Quentin Tarantino. Das wäre garantiert total spannend und unterhaltsam. Seine Filme sind so genial und irgendwie daneben in der Darstellung. Nach jedem bin ich ein anderer Mensch. Wahrscheinlich hätte er die größte Freude, wenn ich ihm Gänge wie Blutsterz und Schweinsfüße auftischen würde. Dass ich Tarantino gerne mal kennenlernen würde, sage ich übrigens in jedem Interview. Vielleicht könnte ihm jemand diesen Artikel schicken?
Dorli Muhrs beliebter Schokokuchen
Das Rezept habe ich aus Portugal von Miguel Castro e Silva mitgebracht, einem begnadeten Koch. Er sagte immer, es sei praktisch ein leicht gebackenes Schokomousse. Ein super- schnelles Rezept, oft genug mache ich den Kuchen zwischen Aufstehen und Frühstück! Oder ich schiebe ihn ins Rohr, kurz bevor die Gäste kommen. Dann ist er noch lauwarm, wenn er am Tisch steht. Im Original wird die Backform gebuttert und gemehlt. Ich verwende einfach Backpapier.
Zutaten
170 g Butter
200 g dunkle Schokolade (ich nehme Kochschokolade)
4 Eier
200 g Zucker
Zubereitung
1. Backblech mit Backpapier auslegen. Backrohr auf 180 °C vorheizen.
2. Butter und Schokolade gemeinsam schmelzen.
3. Eier trennen. Dotter mit Zucker schaumig rühren, aus dem Eiklar steifen Schnee schlagen. Leicht überkühlte Butter-Schokomischung unter die Dotter heben, dann Schnee unterheben.
4. Vorsichtig auf das Blech gießen (ca. 2 cm hoch). Im Rohr ca. 50 Minuten backen.
5. Aus dem Rohr nehmen, ganz kurz überkühlen lassen, dann stürzen und gleich vorsichtig das Papier abziehen. Der Kuchen fällt ein wenig zusammen (was normal ist, weil er ohne Mehl gemacht ist). Er bleibt aber in der Mitte wunderbar saftig.
6. Wenn der Kuchen ausgekühlt ist, schneide ich ihn in ca. 3x3 cm große Stückchen.
Tipps
- Meistens mache ich gleich die eineinhalbfache oder doppelte Masse, das geht sich auf einem Blech aus.
- Nach Lust und Laune streue ich manchmal noch etwas Zucker darüber, oder aber lasse etwas Zucker aus dem Rezept weg. Wenn ich noch ein paar Eiklar herumstehen habe, nehme ich die dazu. Das macht ihn noch fluffiger.
- Man kann Schlagobers dazu servieren, wenn man möchte.
- Auf jeden Fall sollte man dazu meinen „Saudade“, das ist ein „Portwein“ aus Blaufränkisch Trauben, servieren. Der schmeckt genial zum Kuchen!